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25.3.2025
Immobilienbranche

Zwischen Heizbedarf und Verkehr: Wie Europas Alltag die Energiewende ausbremst

Die fünf größten Energieverbraucher der EU – Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien und Polen – machen zusammen über 63 Prozent des gesamten Energiebedarfs aus. Während in 17 der 27 EU-Länder der Transportsektor den größten Anteil am Energieverbrauch hat, liegt unter anderem in Deutschland der Energiebedarf am stärksten bei dem Sektor der privaten Haushalte: Heizen, Warmwasser und Strombedarf tragen erheblich zum Gesamtendenergieverbrauch bei. Das sind die Ergebnisse unserer Untersuchung zum EU-Endenergieverbrauch, für die wir Eurostat-Daten zu den verschiedenen EU-Mitgliedsstaaten analysiert haben.

Energieverbrauch in der Europäischen Union: Wo liegt der größte Bedarf

In einem Jahr verbrauchen die EU-Mitgliedsstaaten rund 842.140 toe (Kilotonne Öleinheiten) – das entspricht fast 9,8 Milliarden kWh. Der Energiebedarf in der EU wird nach Eurostat in vier verschiedene Sektoren unterteilt: Industrie, Transport, gewerbliche und öffentliche Dienstleistungen und Haushalte. Europaweit ist der Transportsektor mit 33 Prozent der größte Energieverbraucher, gefolgt von privaten Haushalten mit 27 Prozent und der Industrie mit 26 Prozent. Gewerbliche und öffentliche Dienstleistungen kommen mit 14 Prozent auf den geringsten Anteil. Diese Verteilung verdeutlicht, wie unterschiedlich die Energiebedarfe in den EU-Mitgliedsstaaten in den einzelnen Sektoren ausfallen.

Im Ländervergleich liegt Deutschland mit einem Gesamtenergieverbrauch von 175.984 toe innerhalb der EU auf Platz eins – die Bundesrepublik ist für 21 Prozent des gesamten Energieverbrauchs innerhalb der EU verantwortlich. Auf Platz zwei und drei der Länder mit dem höchsten Energieverbrauch liegen Frankreich und Italien mit 15 bzw. 13 Prozent. Das Ranking der Länder mit dem geringsten Endenergieverbrauch wird von Malta, Zypern und Estland angeführt, die jeweils nur 0,1 Prozent, 0,2 Prozent und 0,3 Prozent des Gesamtenergieverbrauchs der EU ausmachen.



Energetische Nutzung in Wirtschaft und Verkehr

Während in Finnland, Schweden, den Niederlanden, Belgien und der Slowakei die Industrie der größte Energieverbraucher ist, dominiert in den meisten Staaten – insgesamt 17 Ländern, darunter Frankreich, Italien, Polen, Luxemburg und Spanien – der Transportsektor. In fünf Ländern, darunter Deutschland, Estland und Dänemark, sind hingegen die Haushalte der größte Energieverbraucher. In keinem Land ist der Sektor für gewerbliche und öffentliche Dienstleistungen der Hauptenergieverbraucher.

EU-weit nimmt der Transportsektor mit 33 Prozent die meiste Energie in Anspruch. Besonders hoch ist dieser Anteil in Luxemburg (52 Prozent), was auf die starke Bewegung von Pendler:innen und den steuerlich begünstigten Kraftstoff zurückzuführen ist. Auch in Malta (47 Prozent) und Zypern (44 Prozent) ist der Transportsektor besonders energieintensiv. Dies liegt unter anderem daran, dass es in beiden Ländern keine großflächige Industrie gibt und der Energieverbrauch anderer Sektoren vergleichsweise mehr Energie benötigt. Am anderen Ende der Skala liegt Finnland mit lediglich 18 Prozent, gefolgt von Schweden 22 Prozent und den Niederlanden 27 Prozent.

Im Industriesektor hat Finnland mit 43 Prozent den höchsten Anteil des Energieverbrauchs, gefolgt von Schweden (39 Prozent) und den Niederlanden (33 Prozent). Deutschland liegt mit 28 Prozent auf Rang sieben. Die niedrigsten Werte weisen Malta (11 Prozent), Estland (14 Prozent) und Zypern (16 Prozent) auf.

Der Energieverbrauch für gewerbliche und öffentliche Dienstleistungen fällt europaweit am geringsten aus (14 Prozent). Die höchsten Werte verzeichnen Malte (22 Prozent), Zypern (19 Prozent) und Irland (18 Prozent). In Rumänien (neun Prozent), Slowenien (9,97 Prozent) und Ungarn (10,30 Prozent) ist der Energieverbrauch am niedrigsten. Deutschland bewegt sich mit rund 14 Prozent im europäischen Mittelfeld.

Private Haushalte: In Estland am höchsten, in Luxemburg am niedrigsten

In Estland entfällt mit 38 Prozent der größte Anteil des Endenergieverbrauchs auf die privaten Haushalte – ein Wert, der deutlich über dem EU-Durchschnitt von 27 Prozent liegt. Auch in Dänemark, Ungarn, Rumänien und Kroatien macht der Energieverbrauch der Haushalte mehr als ein Drittel aus. Deutschland, Lettland, Polen und Litauen liegen mit rund 30 Prozent im oberen Mittelfeld, während in Luxemburg lediglich 16 Prozent des Energieverbrauchs auf Haushalte entfallen. Ein möglicher Grund für diese Unterschiede sind klimatische Bedingungen, die Bevölkerungsdichte sowie der Anteil an energieeffizienten Wohngebäuden und Heizsystemen.

Analyse des Energieverbrauchs pro 100.000 Einwohner:innen – Fokus auf Nachhaltigkeit

Größere und einwohnerstarke Länder verbrauchen insgesamt mehr Energie als kleinere Staaten mit geringerer Bevölkerung. Daher ist es sinnvoll, den Energieverbrauch in der Einheit toe pro 100.000 Einwohner:innen zu betrachten, um eine vergleichbare Perspektive auf die Unterschiede innerhalb Europas zu erhalten. Auch hier hat Luxemburg mit 438 Einheiten den höchsten Gesamtenergieverbrauch – vor allem aufgrund des hohen Pro-Kopf-Transportenergieverbrauchs (228 Einheiten). Auch hier muss abermals betont werden, dass neben den 660.000 Einwohner:innen werktäglich 228.400 Grenzgänger:innen durch das Land fahren. 

Den zweithöchsten Pro-Kopf-Gesamtenergieverbrauch hat Finnland mit 386 Einheiten, vornehmlich getrieben durch einen hohen Pro-Kopf-Industrieenergieverbrauch (167 Einheiten). Dies verdeutlicht die starke industrielle Prägung des Landes, insbesondere im Bereich der energieintensiven Holz- und Papierindustrie. Schweden zeigt mit 276 Einheiten ebenfalls einen hohen Pro-Kopf-Energieverbrauch, aber mit einer stärkeren Verteilung auf die verschiedenen Industriesektoren.

Hoher Energiebedarf im Gebäudesektor: Eine Schlüsselherausforderung für die EU-Klimaziele

In den Eurostat-Daten wird der Gebäudesektor nicht als eigenständiger Sektor ausgewiesen, sondern sein Energiebedarf fließt in die verschiedenen Sektoren mit ein. Dadurch bleibt sein tatsächlicher Einfluss oft unterschätzt: 42 Prozent des gesamten Energieverbrauchs und 35 Prozent der Treibhausgasemissionen in der EU entfallen auf Gebäude – eine Herausforderung, die vor allem durch die geringe Energieeffizienz vieler Bestandsgebäude verstärkt wird. Um die EU-Klimaziele zu erreichen, sind daher sowohl eine verstärkte energetische Sanierung als auch der Bau neuer, CO₂-neutraler Gebäude erforderlich. Nachhaltige Gebäude sind kein Zukunftsthema – sie sind der Schlüssel zu einem klimafreundlicheren Europa.

Die Analyse des EU-Endenergieverbrauchs zeigt, dass private Haushalte in vielen Mitgliedsstaaten – insbesondere in Deutschland – einen erheblichen Anteil des Energiebedarfs ausmachen. Dies ist vor allem auf den hohen Heizenergieverbrauch und die unzureichende Energieeffizienz vieler Gebäude zurückzuführen. In fast allen EU-Ländern entfällt mit 63 Prozent der größte Anteil des Energieverbrauchs in privaten Haushalten auf das Heizen. In Luxemburg erreicht dieser Wert mit 79 Prozent den höchsten Anteil, gefolgt von Estland (73 Prozent) und Ungarn (72 Prozent). In Deutschland werden 66 Prozent des Energieverbrauchs der Haushalte für das Heizen verwendet. Die niedrigsten Werte verzeichnen Malte (21 Prozent) und Portugal (32 Prozent), was auf die dortigen klimatischen Bedingungen zurückzuführen ist.

Handlungsbedarf im Gebäudesektor

Um die EU-Klimaziele zu erreichen und die Treibhausgasemissionen bis 2030 um 55 Prozent zu senken, müssen umfassende Maßnahmen zur Reduzierung des Energiebedarfs im Gebäudesektor ergriffen werden. Dazu gehören:

  • Energetische Sanierungen, um Wärmeverluste zu minimieren und den Heizenergiebedarf zu senken.
  • Der Einsatz klimafreundlicher Heizsysteme, wie Wärmepumpen oder Fernwärme, um den Anteil fossiler Brennstoffe zu reduzieren.
  • Ein verbesserter Zugang zu Förderprogrammen, um Eigentümer:innen die Umsetzung von Sanierungsmaßnahmen wirtschaftlich zu erleichtern.
  • Strengere Effizienzstandards für Neubauten, damit zukünftige Gebäude keine zusätzlichen Belastungen für das Energiesystem darstellen.

Eine konsequente Umsetzung dieser Maßnahmen würde nicht nur den Energieverbrauch in den privaten Haushalten senken, sondern auch die Energiesicherheit Europas verbessern, CO₂-Emissionen verringern und langfristig Energiekosten für Verbraucher:innen reduzieren. Der Gebäudesektor ist daher ein zentraler Hebel, um den Energiebedarf in der EU nachhaltig zu senken – und muss stärker in den Fokus politischer und wirtschaftlicher Maßnahmen rücken.



Foto von Karsten Würth auf Unsplash
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